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Die «smarte» Stadt – Technologie allein ist noch keine Innovation

Der Begriff «Smart City» wird oft als digitalisierte und technologisierte Stadt verstanden. Dieses Verständnis greift allerdings zu kurz, denn mit Technologie allein können die Entwicklungsziele zu einer nachhaltigen, lebenswerten und menschenfreundlichen Stadt nicht erreicht werden.

Viele Städte in der Schweiz wie auch weltweit bezeichnen sich als «Smart Cities» oder haben Smart-City-Programme. Entsprechend versuchen Technologieunternehmen den Städten ihre Technologien und Plattformen zu verkaufen. Im Vordergrund stehen oft Technologien für das sogenannte Internet der Dinge, insbesondere Sensoren, um Parameter wie Temperaturen, Luftverschmutzung, Mobilitätsströme und vieles mehr zu messen. Mit diesen Daten kann Transparenz für die Verwaltung, Bevölkerung und Wirtschaft erzeugt werden (Stichwort Open Data), Prozesse können adaptiv, bedarfsgerecht und effizient gesteuert werden, und mittels digitaler Zwillinge können komplexe Zukunftsszenarien simuliert werden. Die Menge der anfallenden Daten birgt aber auch Risiken; eine gute Data Governance ist deshalb unabdingbar. Ausserdem wird der Einsatz von künstlicher Intelligenz in Zukunft eine wichtige Rolle spielen; erste Beispiele von Nutzungsszenarien sind auch schon in der Umsetzung.

Einbindung in städtische Entwicklungsstrategie

Der richtige Einsatz von Technologien kann Städte dabei unterstützen, ihre Entwicklungsziele zu erreichen. Technologieeinsatz per se ist aber weder Ziel noch wirkliche Innovation. Von Innovation kann erst gesprochen werden, wenn die implementierten Technologien einen konkreten Nutzen im Sinne des Gemeinwohls («Public Value») schaffen, also z.B. die Lebensqualität der Bevölkerung verbessern, die Nachhaltigkeit erhöhen, oder die Chancengleichheit fördern. Welche Werte für eine Stadt wichtig sind, muss diese selbst festlegen und darauf basierend ihre Entwicklungsstrategie entwickeln. Eine Smart-City-Strategie ist damit immer Teil der Gesamtentwicklungsstrategie einer Stadt. Damit eine Strategie nicht toter Buchstabe bleibt, sollte diese nach Handlungsfeldern gegliederte Ziele sowie zu jedem Ziel konkrete Indikatoren und Zielwerte enthalten. Nur so kann regelmässig die Wirkung erfolgter Massnahmen und eingesetzter Technologien überprüft und gesteuert werden, wie es z.B. die Stadt Wien vorbildlich macht.

Technologieverständnis wie auch -akzeptanz sind ein wichtiger Faktor

Echte Innovationen für die «smarte» Stadt setzen sich aus einer Kombination von neuen Prozessen und Technologien zusammen, wobei der Vorrang auf der Prozessinnovation liegen und die Technologie als Unterstützung oder Enabler angesehen werden sollte. Erfolgsversprechend sind dabei Multi-Stakeholder-Ansätze unter Beteiligung der Verwaltung, von Technologiefirmen, sowie von Akteuren aus Wissenschaft und der Zivilgesellschaft. Um erfolgreich zu sein, empfiehlt sich die Durchführung von Pilotprojekten und Experimenten, in denen nicht nur die technische Machbarkeit, sondern auch Akzeptanz und Nutzen aus Sicht von Einwohnerinnen und Einwohnern sowie die Tragfähigkeit im Sinne von Geschäfts- und Betriebsmodellen validiert wird. Dabei müssen auch Aspekte wie Datenschutz, Schutz der Privatsphäre, Inklusion sowie demokratische Partizipation berücksichtigt werden. Für Verwaltungen ist es dabei unabdingbar, über genügend Daten- und Technologiekompetenz zu verfügen, um nicht zu sehr von Technologiefirmen abhängig zu werden. Insbesondere die Daten sollten in der Hoheit der Verwaltung und der Einwohnerinnen und Einwohner bleiben.

Unsere Empfehlungen

  1. Strategie vor Technologie, nicht umgekehrt: Technologieauswahl und -einsatz erfolgt aufgrund von urbanen Entwicklungszielen. Das Präsidialdepartement sollte bei Smart-City-Vorhaben die Führung haben und nicht die IT-Abteilung.
  2. Daten- und Technologiekompetenz in der Verwaltung stärken: Entsprechende Kompetenzen müssen bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aufgebaut werden, damit diese Chancen und Risiken des Einsatzes von bestimmten Technologien abschätzen können.
  3. Experimente wagen: Verwaltungen sollten offen sein, um mit partizipativen und ko-kreativen Ansätzen Ideen auszuprobieren und daraus zu lernen.

(Dieser Artikel ist in leicht abgeänderter Form auch in den «Public Sector Perspectives», herausgegeben vom Institut Public Sector Transformation der Berner Fachhochschule, erschienen)

Autor*in: Prof. Stephan Haller, Berner Fachhochschule